Gespräch mit Lydia Stäubli und Prof. K. Tudyka,
Lydia Stäubli kam mit Nicola Bramkamp 2013 nach Bonn und ist seit acht Spielzeiten Mitglied des Schauspielensembles. Sie hat hier inzwischen in 18 Stücken, zuweilen mehrere Rollen wie in „Unterleuten“ (2017), gespielt. Am reizvollsten fand sie „Das Fest“ und „Schöne neue Welt“. Als Regie gefiel ihr besonders die von Clara Weyde von „Installation der Angst“ und „Supergutman“.
Sie schätzt es anders als früher inzwischen, wenn ein Regisseur, eine Regisseurin oder eine Dramaturgin sie und ihre Kollegen bei der Entwicklung eines Textes einbezieht. Die Stückentwicklung von Patrick Wengenroths „Chronik eines torkelnden Planeten“ (2015) hat ihr gefallen. Von den jeweiligen Umständen der Handlung und des Textes lässt sie es abhängen, ob Sie den Vorzug einer strikten Personenführung oder einer gewissen Freiheit der Darstellung und des Textes geben würde oder gar ihr ein Improvisieren überlassen würde. Sie findet es unproblematisch, wenn eine Inszenierung immer wieder, eventuell sogar in eine zweite Spielzeit, aufgenommen wird. Allerdings für eine “en suite“-Spielweise kann sie sich nicht erwärmen.
Sie spricht und lernt ihre Texte an den Abenden zu Hause. Am Aufführungstag wächst sie stufenweise in ihre Rolle auf dem Weg zum Theater, beim Gang durch die Pforte und dann zur Garderobe, in die Maske sowie schließlich zum Auftritt auf der Bühne. Dann bliebe sie in der Rolle bis zum Ende der Aufführung auch bei gelegentlichen Unterbrechungen und Abtritten von der Bühne sowie Pausen. Nach dem Schlussapplaus verlässt sie abrupt die Rolle.
Entgegen der hierzulande am Ende der Aufführung üblichen Applausordnung fände Frau Stäubli einen einmaligen Auftritt aller Spieler auch unter Einschluss aller an der Produktion Beteiligten ausreichend. Ein organisiertes Publikumsgespräch nach einer Aufführung hält sie für wünschenswert und wichtig. Doch die Inszenierung mit jeweiligen Besuchern nach der Premiere wollte sie nicht zerreden lassen. Auftritte in der Werkstatt schätzt sie, weil die Nähe zum Publikum und zu den Kollegen durch räumlichen Gegebenheiten anregend und intensiv ist. Die Arbeit am Landestheater Tübingen und nicht nur mit seinem studentischen Publikum fand sie sehr anregend. Beim Bonner Publikum vermisst sie Studenten und ebenso andere Angehörige der Universität.
Der Einfluss ihrer russischen Mutter, die eine sehr große Liebhaberin von Theater und Oper war, bewegte und veranlasste Frau Stäubli, Schauspielerin zu werden. Seit dem Abschluss ihres Studiums am Mozarteum in Salzburg 2000 ist sie seit zwei Jahrzehnten in Deutschland beruflich tätig, vor Bonn, in Chemnitz, Tübingen und Hamburg. Auf ihrem Werdegang hat sich das deutsche Schauspiel sehr verändert, wie sie erfahren hat. Es entfernte sich vom psychologischen Spiel, von psychischen Rollen. die sie lernte und schätzte, zu nun inhaltlich gebundenen Interpretationen.
Gegenwärtig wird deutschlandweit viel von Beleidigungen während der Probenarbeit gesprochen. Sie hat schon einmal, besonders als Frau sich beleidigt gefühlt und solcherart Beleidigungen erlebt. Grundsätzlich werden Anfängerinnen und jüngere Kollegen eher geschurigelt auch von Regisseurinnen. Frau Stäubli hat auch in vielen Film- und Fernsehproduktionen mitgewirkt und präferiert gelegentlich die andersartige Tätigkeit als Filmschauspielerin. Eine Rolle die sie besonders gern irgendwann Mal spielen möchte, ist Ibsens Hedda Gabler.
Sie wohnt mit ihrem neun- und ihrem fünfzehnjährigen Sohn wie mehrere ihrer Kollegen in Bad Godesberg und hat hier Kontakt zu der alteingesessenen Bevölkerung gefunden. Allerdings hat sie wegen ihrer beschränkten Freizeit wenig Gelegenheit, Aufführungen in der Oper, Ausstellungen oder Konzerte zu besuchen. Während der Proben- und Spielpausen in der gegenwärtigen Pandemie nutzte sie die Zeit zu Spazierfahrten und Wandern auch mit dem Fahrrad durch die Siebengebirge und das Ahrtal. Außerdem widmet sie sich dem Scheiben von Drehbüchern und einer Autobiographie,
Bad Godesberg im Juni 2021, Bilder Instagram L. St. – Theater Bonn, Bild Garten u. Interview Tudyka
Auftritte von Lydia Stäubli in Bonn:
2020 Bonndemie Lockdown, Liebe, Lagerkoller, 2019 House of Horror, 2019 Frau Müller muss weg, 2019 Der Menschenfeind, 2019 Die Installation der Angst , 2018 Supergutman, 2018 Wer ist Walter? 2018 Zur schönen Aussicht, 2017 Unterleuten, 2017 Die heilige Johanna der Schlachthöfe, 2017 Der Sturm, 2017 Die Buddenbrooks, 2016 Schöne neue Welt, 2016 Drei Schwestern, 2016 Bilder von uns, 2015 Das Fest, 2015 Chronik eines torkelnden Planeten, 2014 Die Wildente, 2013 Peter Pan, 2013 Eltern